Gedanken für den 16. Mai 2020 - Von den Mönchen lernen

Wussten Sie, dass mittelalterliche Mönche – zum Beispiel des Benediktinerordens – beim Eintritt ins Kloster nicht nur Gehorsam, sondern auch die Bindung an ein Kloster und die klösterliche Gemeinschaft versprochen haben? Wer damals Mönch wurde, musste auf vieles verzichten und beschränkte sich im wesentlichen auf einen Ort.

Verzicht und räumliche Beschränkung – irgendwie wie bei uns, oder? Sehr deutlich wird die Ordensregel des Benedikt, des Ordensgründers, bei der Härte und Belastung, die diese Einschränkungen mit sich bringen. So beginnt schon der Abschnitt über den Ordenseintritt mit:

Kommt einer neu und will das klösterliche Leben beginnen, werde ihm der Eintritt nicht leicht gewährt (58,1). Denn bei der Aufnahme verspreche er im Oratorium in Gegenwart aller Beständigkeit, klösterlichen Lebenswandel und Gehorsam, vor Gott und seinen Heiligen (58,17f.).

Mit Beständigkeit war dabei nicht nur die Treue zu den Ordensregeln gemeint, sondern auch und gerade die Bindung an eine klösterliche Gemeinschaft; letztlich auch an ein Kloster. Da die Mönche in ihren Klöstern als Selbstversorger lebten und ihr Leben der Arbeit und dem Gebet widmen sollten, war ihr Kloster nicht nur der Lebensmittelpunkt, sondern eigentlich der einzige Ort ihres Lebens.

Wenn es mir schon nach Wochen in meinem Haus und dem beschränkten Leben zu eng wird, wie beengt muss dann das räumliche Leben der Mönche gewesen sein? Nun ist mein Haus kleiner als ein Kloster und die Klöster liegen oftmals landschaftlich reizvoll – dennoch lässt sich von den Mönchen viel über Verzicht und Begrenzung lernen. So war ihr Verzicht ja Teil des Konzepts, sich anderen Reizen und Ablenkungen zu entziehen. So sollten sie sich konzentrieren auf Gott, auf die Bibel und auf ewige Güter. Die vertraute Gemeinschaft hat ihnen dabei geholfen – einerseits der Gruppendruck, andererseits die Verbundenheit und das Vertrauen. Insofern ist es kein Wunder, das viele Familien mit Kindern in der Zeit der Begrenzung zusammengewachsen sind; noch nie haben sich meine beiden Töchter so viel miteinander beschäftigt und waren so innig verbunden...

Natürlich war die Enge und die kleine Gemeinschaft auch bedrückend. Ganz klar sieht die Benediktinerregel die Härte und Zumutung der Begrenzung und Beschränkung des klösterlichen Lebens. Dementsprechend ist vielen die Beschränlung des gewohnten Lebens und der Verlust der vergangenen Zeit schwergefallen – ich hätte wohl kaum zum Mönch getaugt und viele andere ebensowenig. Doch während die Mönche des Mittelalters (ebenso die Nonnen natürlich) des Rest ihres Lebens in klösterlicher Beschränkung zu verbringen gelobten, ist die Beschränkung meines Lebens absehbar.

Wenn er verspricht, beharrlich bei seiner Beständigkeit zu bleiben, lese man ihm nach Ablauf von zwei Monaten diese Regel von Anfang bis Ende vor und sage ihm: Siehe das Gesetz, unter dem du dienen willst; wenn du es beobachten kannst, tritt ein, wenn du es aber nicht kannst, geh in Freiheit fort (58,9f.). Diese Wahl hatten die angehenden Mönche vor ihrem verbindlichen Eintritt ins Kloster. Wann es bei uns wieder so weit ist, dass wir "in Freiheit fortgehen können", weiß niemand. Aber für immer ist die Beschränkung nicht.

So lange das eingeschränkte Leben aber andauert, nehme ich mir von den Mönchen folgendes mit:

  1. Begrenzung kann einen positiven Nutzen haben; die Ablenkung verschwindet und es ist mehr Zeit und Raum für das, was wirklich wichtig ist.

  2. Räumliche Beschränkung ohne Gemeinschaft ist besonders hart (das Leben der Eremiten ist insofern nochmal eine ganz andere Nummer).

  3. Das, was bei der Beschränkung übrig bleibt, muss und kann gestaltet werden. Die Mönche haben ihr mönchisches Leben ja gerade besonders gestaltet – ihnen kam es nicht darauf an, was sie weggelassen haben, sondern es ging um das, worauf sie ihre Zeit und Kraft konzentriert haben.

(Pfarrer Steffen Barth)