Gedanken für den 26. März 2020

Es wird ein wenig einsam um uns herum. Zwar verbringen diejenigen, die mit anderen Menschen zusammenleben, mit diesen jetzt ungewohnt viel Zeit. Insofern trifft das Alleinsein diejenigen, die zuvor schon allein waren, nun umso mehr. Aber letztlich wird es in (fast) unser aller Leben stiller. Das gewohnte soziale Leben, das Miteinander, die Erledigungen und Freizeitbeschäftigungen usw. fallen aus. Eine Freundin erzählte mit vorgestern, wie große Lust sie plötzlich darauf hat, in einer Bar einen Kaffee trinken zu gehen...

Zum einen ist es sicher so, dass ich immer gern das möchte, was ich gerade nicht haben kann – das ist ja ganz menschlich und normal. Aber ich glaube, es steckt noch mehr dahinter als der erzwungene Verzicht auf liebgewonnenen und gewohnten Luxus. Es geht da nicht nur darum, zu bedauern, dass man nicht mehr ins Kino kann oder zum Sport oder zur Fußpflege. Soziales Leben, Gemeinschaft – das ist mehr als Luxus und Annehmlichkeit. Es ist Miteinander, erfülltes Leben, Gemeinschaft und Gesellschaft. Jetzt, wo das fehlt und unterbleiben muss, leiden auch Austausch, Selbstbestätigung, Selbstwirksamkeit und vieles mehr.

Miteinander, Austausch und Gemeinschaft nicht oder zumindest nicht so wie sonst zu erfahren und zu erleben, schmerzt. Es ist genau dieser Schmerz, der hinter der Einsicht Gottes steckt: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Soziales Leben und Gemeinschaft sind nicht nur nette Nebeneffekte, nice to have. Gemeinschaft und Miteinander tritt nicht zu einem glücklichen Leben dazu, sondern sie sind eigentlich Bestandteil des menschlichen Lebens und wo sie ausbleiben oder unterbunden werden, fehlen sie und dieser Mangel greift tief hinein in das Selbst.

Es erscheint mir wichtig, das anzuerkennen und den Schmerz zuzulassen, der mit der Einschränkung des sozialen Lebens einhergeht. Wir verzichten gerade nicht auf etwas nettes, sondern auch etwas existenzielles. Zum Glück sind viele eben doch nicht ganz allein, sondern mit denen zusammen, die mit ihnen zusammenleben. Zum Glück gibt es Telefon und Internet und die Post, die Menschen über räumliche Trennung hinwegverbindet. Zum Glück kümmern sich Nachbarn, Freundinnen und Freunde und Initiativen um Menschen, die allein leben. Aber das Defizit, der Mangel, bleibt. Alle diejenigen, die darunter leiden und denen die sozialen Kontakte fehlen, mögen zumindest dadurch etwas getröstet sein: Es ist normal, dass Menschen andere Menschen um sich haben wollen! Gott hat uns so geschaffen, dass wir das Miteinander suchen. Ich hoffe und bete für uns alle, dass wir es bald (wieder) erleben!

(Pfarrer Steffen Barth)