Gedanken für den 14. Mai 2020 - Einfach mal 5 Minuten Ruhe

Ein Schüler fragt den Meister:
„Kann ich irgendetwas tun, um erleuchtet zu werden?“
„Genauso wenig, wie du dazu beitragen kannst, dass die Sonne aufgeht.“
„Wozu dann geistige Übungen praktizieren?“
„Damit du wach bist, wenn die Sonne aufgeht.“


Wenn ich ehrlich darüber nachdenke, merke ich, dass – obwohl ich zur Zeit wie so viele einen recht reduzierten Alltag lebe – die Ruhe und das, was in dem Zitat als „geistige Übung“ beschrieben wird, in meinem normalen Tagesablauf zur Zeit keinerlei Platz findet.

Hängematte
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Nicht am Morgen, an dem ich früh in die Küche komme, um mir noch schnell eine Tasse Kaffee zu machen, bevor der Tag so richtig losgeht.

Nicht im Laufe des Vormittags, wo die ersten Arbeiten, Telefongespräche oder Videokonferenzen anstehen, noch schnell vor dem Mittagessen ein kleiner Einkauf gemacht werden muss und während des Kochens schon meist garnicht.

Vielleicht in Form eines Tischgebetes am Mittagstisch. Aber auch nur schnell, weil mensch ja Hunger hat (und die Kinder schon den ersten Löffel auf dem Weg zum Mund haben).

Nachmittags? Fehlanzeige, nochmal ein paar Anruf, Briefkastenleeren und vielleicht etwas im Garten schaffen, vor dem Abendessen. Tischgebet? Siehe Mittags.

Und am Abend? Nach dem Haushalt sitzt man noch etwas auf dem Sofa, vielleicht noch 2 Folgen der aktuellen Serie bei Netflix oder doch noch ein paar Seiten der Süddeutschen auf dem Tablet.. und irgendwie ist der Tag dann schon wieder vorbei.

In der „Corona-Zeit“ ist sehr viel von Entschleunigung die Rede – man hätte doch jetzt Zeit für mehr Dinge, da so viel aus dem Alltag entfalle und man sich ja mal an die Sachen machen könne, die immer hinten `runterfallen. Aber das stimmt längst nicht für alle, und eine automatische Folge der erzwungenen Zeit zuhause ist für viele beileibe keine (wie auch immer genau gemeinte) „Entschleunigung“, sondern durchaus auch mehr geforderte Anstrengung, Stress und Druck als zuvor. Fragen Sie mal Eltern mit jüngeren Kindern, was sie vom Spielplatzverbot halten...

Mein Wunsch und Impuls für mich, für Sie ist für heute: mal bewusst 5 Minuten Ruhe und Auszeit nehmen, bewußt atmen, vielleicht ein kurzes Gebet. Muss ja nicht zu aufwendig sein, aber kleine Schritte führen bekanntlich auch zum Ziel. Vielleicht reicht es ja schon für den morgigen Sonnenaufgang. Oder den bewussten Sonnenuntergang...

(Christian Weller)