Gedanken für den 16. April 2020 - Was bleibt von Ostern und dem Shutdown?

Wir befinden uns im Kirchenjahr inzwischen im „österlichen Festkreis“ – so stellt sich die Frage: Was bleibt heuer vom Osterfest, das unter so besonderen Rahmenbedingungen stattfand?

Kohlmeise auf Fetterkreis
Bildrechte Harald Schauschild

Sicher haben nicht wenige die Chance auf die Entschleunigung nutzen können und vielleicht heuer viel mehr als sonst das Aufblühen und Erwachen in der Natur mitbekommen. Und auch die Ruhe mit deutlich weniger Verkehr auf Straßen und in der Luft tut ein Übriges: Wir hören auf einmal Vogelgezwitscher, wo vorher der Verkehr brandete ….

Andereseits: Die erzwungene äußere Ruhe kann auch innere Unruhe auslösen, vor allem, wenn sie mit existenziellen Ängsten einhergeht:

  • dem konkreten  materiellen Verlust, wenn das Einkommen wegbricht oder sich zumindest gut halbiert,
  • der Sorge um die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die damit verbundene Zukunftsangst
  • massive Unsicherheiten für die Lebensplanung und die nähere Zukunft, wenn kurz und mittelfristige Pläne und Vorstellungen zur Lebensgestaltung sich auf einmal in große Fragezeichen auflösen.

Aber schauen wir noch einmal zur biblischen Ostergeschichte zurück:

Den Jüngern Jesu ging es damals mit ziemlicher Sicherheit genauso:
Sie hatten buchstäblich alles, also Beruf, Familie und Besitz, ja den kompletten Alltag  hintersich gelassen.
Petrus und Andreas sowie Jakobus und Johannes als Fischer liessen Boote und Netze liegen, der Zöllner Matthäus stand vom Zoll auf, um Jesus nachzufolgen. Sie spürten, dass da einer mit Vollmacht redet und handelt und  nicht nur salbungsvolle Worte von sich gibt oder gar hochtheologische Dispute führt. Nein, er redet authentisch und anschaulich, und verkehrt mit Leuten, um die die Schriftgelehrten und Pharisäer einen großen Bogen machen.

Und nun: Statt in Jerusalem zum Heilsbringer zu werden, ist er ans Kreuz geschlagen worden. Damit sind auch alle Hoffnungen auf ein Friedensreich im Hier und Jetzt jäh zu Ende; kein Wunder, dass sich da zwei Jünger frustriert aus dem Staub machen und dieses Desaster buchstäblich zurücklassen wollen.

Ihre Geschichte können wir im Evangelium des Lukas im 24. Kapitel ab Vers 13 nachlesen – es sind die Emmausjünger.

Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa zwei Wegstunden entfernt; dessen Name ist Emmaus.
Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten.
Und es geschah, als sie so redeten und sich miteinander besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen.
Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten.
Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen.
Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der Einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist?
Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Taten und Worten vor Gott und allem Volk;
wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben.
Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist.
Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen,
haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe.
Und einige von uns gingen hin zum Grab und fanden's so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht.
Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben!
Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?
Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war.
Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen.
Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.
Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach's und gab's ihnen.
Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.
Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?
Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren;
die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen.
Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, als er das Brot brach.

Ich will diese Worte so stehen und für sich sprechen lassen, denn es ist oft und viel über sie gepredigt worden. Viel mehr möchte ich kurz nochmals zurückkehren zur Eingangsfrage:

Was bleibt uns heute noch nach dem Osterfest vom vergangenen Wochenende und dem Corona-Shut-Down?

Wenn ich den Medien glauben darf, so wirdals Folge der Corona-Epidemie neben der Entschleunigung auch viel von Solidarität und Hilfsbereitschaft , ja von mehr „Wärme“ in der Gesellschaft berichtet.

Diesen „freundlichen Umgang“ im Miteinander – familiär, beruflich und gesellschaftlich – also in allen Bereichen möglichst lange beizubehalten, dies wäre mein Wunsch, ja sogar meine Bitte an Gott.

Und zwar unabhängig von allen Diskussionen und Überlegungen, die die Politiker gerade heute – während ich diese Zeilen schreibe - anstellen, mit welchen konkreten Schritten und in welchem Zeitrahmen die bisherigen Einschränkungen gelockert werden können und sollen.

Oder wie es der große Theologe der „Bekennenden Kirche“, Dietrich Bonhoeffer [der 75. Todestag seiner Ermordung im KZ Flossenbürg jährte sich am 9. April]  formuliert hat – und das galt fürs Dritte Reich genauso wie es meiner Meinung nach auch heute in Zeiten von Corona aktuell ist:

Gott führe uns freundlich durch diese Zeiten; aber vor allem führe er uns zu sich.

                      Dietrich Bonhoeffer (im Juli 1944 in einem Brief an E. Bethge)

 

In diesem Sinne : Bleiben Sie gesund und zuversichtlich!
                                    Harald Hauschild