Gedanken für den 2. Mai 2020 - Arbeit

Der Mensch, das ist im Zweiten Schöpfungsbericht ganz deutlich beschrieben, soll wirken, soll was tun. Und Gott, der Herr, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaue und bewahre (Gen 2,15). Insofern gehört arbeiten zum Leben dazu. Aber wofür eigentlich? Nicht etwa um reich zu werden! Reichtum – da ist die Bibel eindeutig – macht weder glücklich noch verschafft Reichtum einem ein längeres Leben (das gilt heutzutage allerdings doch nicht mehr so ganz unbeschränkt). Wofür dann? Für andere? Zumindest nicht nur! Der Clou an der Exodus-Geschichte von der Befreiung des Volkdes Israel aus der Sklaverei in Ägypten unter Führung von Mose ist, dass Gott sein Volk vor Ausbeutung und Unterdrückung schützt. Nur für den Pharao (oder heute: nur für die Chefs und Investoren) soll niemand arbeiten!

Wenn der Mensch geschaffen wurde zum Bebauen und Bewahren, dann heißt das: füreinander. Das beinhaltet ja schon das Bild des Gartens: so ein Garten ist doch für alle schön, die ihn sehen; nicht nur für den, der sich um den Garten kümmert. Insofern ist sich einbringen in Familie und sozialem Umfeld kein Randbereich menschlicher Arbeit, sondern im Gegenteil der Kern davon! Schließlich soll der Mensch ja auch nicht allein arbeiten, sondern zusammen, deshalb hat Gott ja mehrere Menschen geschaffen, damit sie zusammenarbeiten und zusammenwirken können.

Aber: Arbeit hat Grenzen! Während es in den Vorstellungen altorientalischer Religionen nur so wimmelte von prunksüchtigen und faulen Göttern, die Menschen als Sklaven geschaffen haben, um selber mehr Zeit zum Faulenzen und zum Genießen zu haben, will sich der Gott der Bibel nicht auf die faule Haut legen. Sondern er will mit den Menschen zusammenarbeiten. Aber nur 6 Tage die Woche. Dann macht er Pause, also Gott, und die Menschen sollen auch Pause machen: Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun; aber am siebenten Tage sollst du ruhen (Ex 23,12). Während heute das Wochenende und der Urlaub arbeitsrechtlich der Wiederherstellung der Arbeitskraft dient, ist der Sabbat, der biblische Ruhetag (im Christentum der Sonntag) der Tag des Nicht-Müssens. Sind schon die übrigen Tage von Werkeln und Wirken geprägt, dann ist dieser eine Tag der Woche frei vom Müssen.

Noch in einer weiteren Hinsicht ist menschliches Schaffen und Arbeiten begrenzt. Quantitativ durch den Sabbat (s.o.) und auch qualitativ. Weder ein Mensch allein noch alle Menschen gemeinsam können alles schaffen. Nicht zufällig steht die Geschichte vom Turmbau zu Babel ganz weit vorn in der Bibel – die Menschen bschließen darin: "Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen" (Gen 11,4). Die Geschichte vom Turmbau zu Babel erzählt von einem anmaßenden Versuch der Menschheit, sich Gott gleich zu machen. Doch das Vorhaben scheitert. Arbeit und Mühe – und sei es mit vereinten Kräften – verschafft demnach keine gottgleichen Möglichkeiten. Die Reichweit menschlicher Möglichkeiten des Wirkens ist begrenzt – und das hat auch sein Gutes, denn es entlastet von Überforderung und Hybris.

Gerade Jesus ist übrigens ein gutes Beispiel für eine Balance zwischen Arbeiten (machen) und Ausruhen. Dass er – gerade in der Zeit, von der die Bibel berichtet, ganz schön was geleistet, ganz schön rangeklotzt hat, dürfte ja klar sein. Aber er hat auch immer wieder Gelegenheiten zum Rückzug und zum Krafttanken ergriffen. Und gefeiert hat er auch, schließlich wurde er sogar als Fresser und Weinsäufer geschmäht. Sogar bei Jesus hatte Arbeiten seine Grenze!

Vielleicht würde man dem Tag der Arbeit mehr gerecht werden, wenn man ihn als Tag des Wirkens oder als Tag des Tuns feiert. Arbeit klingt in unserem Sprachgebrauch doch stark nach Erwerbsarbeit. Dabei geht es doch eher um Engagement und um Wirken. Um es christlicher auszudrücken: Es geht darum, dass ich an einer Welt mitwirke, die von Gott kommt und zu Gott kommt.

(Pfarrer Steffen Barth)