Gedanken für den 20. April 2020 - Fadensonnen

FADENSONNEN
über der grauschwarzen Ödnis.Ein baum-
hoher Gedanke
greift sich den Lichtton: es sind
noch Lieder zu singen jenseits
der Menschen.

(Paul Celan, 1965)

Paul Celan, 1945

Am heutigen Tage vor 50 Jahren starb Paul Celan. 1920 geboren erlebte der aus der nordrumänischen Bukowina stammende Sohn jüdischer Eltern den Nationalsozialismus und den zweiten Weltkrieg mit, war einige Jahre in einem Arbeitslager und wurde in den 50er- und 60er-Jahren zu einem der wichtigsten Lyriker der deutschen Sprache.

Geprägt durch die Grausamkeiten des Dritten Reiches und den Verlust seiner Eltern, die beide in Zwangsarbeiterlagern starben, behandeln Celans Gedicht oft die dunklen Seiten der menschlichen Existenz.

Das Gedicht Fadensonnen ist so ein menschlicher Umgang mit einer verstörenden, verzweifelten Vergangenheit. Die Dunkelheit der Lebens und der Vergangenheit, die einen erdrückt, darf zurückweichen (oder zurückgedrängt werden?) durch ein strahlendes Licht in der Gegenwart - Hoffnung existiert trotzdem, vielleicht fern des Rationalen oder von gesellschaftlichen Konstruktionen.

(Christian Weller)